Das Recht auf Eigentum beeinträchtigt massiv die Gleichheit der Menschen. Der Tendenz des Eigentums, sich stetig zu vermehren, kann man nämlich nur durch Spiel- oder andere Süchte entgegenwirken. Der hoch entwickelte Kapitalismus hat nicht allein Waren aus Stoffen erzeugt, wie Marx es im Kapital beschreibt. Über die Aufspaltung des persönlichen Arbeitsvermögens in eine Vielzahl individueller Fähigkeiten hat er jegliche menschliche Eigenschaft in ein handelbares Gut verwandelt.
Das gegenwärtige Ausmaß der Arbeitsteilung scheint die Individuen selbst zu zerlegen. Wer seine Existenz sichern will, verkauft seine Phantasie an die Kulturindustrie, seine Ausdauer an die Profiteure des Leistungssports und seine Fähigkeit des Hineinfühlens in sozialen Berufen. Er fertigt kleine Tonplastiken, um sie am Souvenirstand zu verhökern. Er trainiert Sehnen und Muskulatur – nicht wegen der Freude an Bewegung, sondern um durch einen besonders waghalsigen Sprung von der Brücke oder aus den Wolken ein Einkommen zu erzielen. Weil er so überwältigend mutig ist, kann er gegen Geld am Abend oder am Wochenende anderen „Selbstvertrauen“ beibringen. Die modische Vorstellung von einem bedingungslosen Grundeinkommen soll uns weismachen, die Unsicherheit einer solchen Existenz und ihre Zerrissenheit sei „Selbstverwirklichung“. Dabei steht jede dieser Tätigkeiten der zerlegten Person im Dienst des Verkaufs der Ware Arbeitskraft. Angeblich freiwillig hat Mensch sein Arbeitsvermögen aufgespalten und verkauft es nicht mehr in der Form des doppelt freien Lohnarbeiters, sondern in seinen einzelnen Bestandteilen als mehrdimensionaler Knecht. Es entspricht nicht der Wahrheit, wenn behauptet wird, ein sicheres Einkommen aus Transferleistungen bedeute ein Ende des Verkaufs der Arbeitskraft, ein Ende der Lohnarbeit oder gar des Kapitalismus. Die skizzierte Person, das Individuum, ist mehr denn je Ware, Teil der fast 100%-ig vermarkteten Welt.
Menschen und Menschheit werden gezwungen darüber nachzudenken, wie sie sich im Interesse des Überlebens Tag für Tag für den Markt neu zusammensetzen. So erübrigt sich auch die Rede von der „Identität“. Den Zwang zu täglicher Neuerfindung des „Ich“ als Freiheit auszugeben, kann nur solange gelingen, wie Menschen alle unanständigen Fragen zu Profiteuren – Besitzverhältnissen, Abhängigkeiten, Herrschaftsverhältnissen – unterlassen. Ich bleibe misstrauisch gegenüber Menschen, die behaupten, die Eigentumsfrage sei historisch überholt.